Der Blick von außen? – Transkulturelle Auseinandersetzung mit österreichischer Geschichte in Hamid Sadrs Roman Der Gedächtnissekretär (2005)

Vlasta S
2018-01-01

Abstract

In seinem 2005, rechtzeitig zum 50jährigen Jubiläum der Zweiten Republik, erschienenen Roman Der Gedächtnissekretär setzt sich Hamid Sadr mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Wien auseinander. Der 1946 in Teheran geborene Autor kam zunächst als Student in den 1960er Jahren das erste Mal nach Österreich und veröffentlichte in dieser Zeit seine ersten Bücher auf Persisch. In den 1990er Jahren begann Sadr, mittlerweile aufgrund seiner Aktivität in der iranischen Opposition im politischen Exil, auf Deutsch zu schreiben. Der Gedächtnissekretär ist sein zweiter Roman, der in seinem Blick auf die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs eine ver-rückte Perspektive anbietet, die der transkulturellen Konstellation im Roman geschuldet ist. Die alternative Sichtweise wird gekennzeichnet durch den autobiographisch geprägten Protagonisten und Ich-Erzähler: ein iranischer Chemie-Student, Herr Ardi (nahezu ein Anagramm des Namen des Autors), der zwar bereits länger in Österreich lebt, studiert und arbeitet, dem die österreichische Kriegs- und Nachkriegsgeschichte aber nur wenig bekannt ist. Sein fremder kultureller und geschichtlicher Hintergrund wird zum Ausgangspunkt für eine detaillierte Aufarbeitung der letzten Kriegstage in Wien sowie der (erst sehr späte erfolgten) Aufarbeitung von Österreichs Rolle im Nationalsozialismus, die bis zum Ende der 1980er Jahre vom Mythos des ersten Opfers des Nationalsozialismus geprägt war.
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